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Kapitel 24 - Der B.O.F.H. läßt seinen Abteilungsleiter singend dahinschmelzen

Der Abteilungsleiter hat sich zu einer Plage entwickelt. Traurig aber wahr. Und hinzu kommt, daß die Ausbildung des PJ noch nicht abgeschlossen ist. Es muß also etwas geschehen.

Der Abteilungsleiter spürt, daß etwas im Gange ist und will sich bei mir einschmeicheln, indem er mich immer wieder um technischen Rat fragt und mir dann überschwenglich dankt. Mit anderen Worten - er nervt. Ich hätte besser niemals das Telefon abgenommen, als er anrief ...

Den schlimmsten Einschmeichelversuch unternahm er, als er seine Stereoanlage mitbrachte, um meinen Rat für deren Reparatur einzuholen. Ich weiß nicht weshalb, aber er scheint zu glauben, daß ich mich mit allem auskenne, das etwas mit Technik zu tun hat, nur weil ich etwas von den Innereien eines Netzwerkes verstehe. Nun, ich mustere die Stereoanlage kurz, um den Fehler zu finden und stelle schnell fest, daß Ein- und Ausgang vertauscht sind.

"Wo liegt das Problem?" frage ich.

"Es ist das Band", jammert er. "Es funktioniert nicht mehr richtig, seit wir die Anlage ins Gästezimmer gestellt haben. Selbst wenn wir die Lautstärke voll aufdrehen, hören wir nur das Laufgeräusch, das die Kassette verursacht."

"Hm", murmle ich nachdenklich. "Wir brauchen möglicherweise die Lautsprecher, um uns einen kompletten Überblick zu verschaffen."

"Ich hole sie in der Mittagspause." antwortet er begeistert.

Drei Stunden später stehen die kleinen Schönheiten auf dem Tisch. Ich schließe die Überlastungssicherungen kurz, während der PJ die Lautsprecher mit Tüten voller Isopryl-Alkohol und Brandbeschleuniger füllt. Eine halbe Stunde später haben wir ein kleines Meisterwerk geschaffen und stehlen uns davon, nachdem wir es eingeschaltet haben.

Fünfzehn Minuten später - wir spielen inzwischen Poker im Lagerraum - hören wir die ersten lauten Töne eines Liedes von Neil Diamond. Ich schaue den PJ an.

"Der Lautstärkeregler müßte funktionieren", murmelt er, seine elektrischen Kenntnisse betonend.

Ein paar Sekunden später hören wir einen Knall aus dem Kontrollraum, als Neil nicht nur ein Gitarrensolo abfeuert, sondern auch ein teures Lautsprecherpaar.

Der PJ und ich können die Warntöne der Sauerstoffüberwachung der Klimaanlage hören, was bedeutet, daß der Abteilungsleiter nun eine Entscheidung treffen muß - die Lautsprecher retten und dabei ersticken, oder sein Leben retten.

Das Verstummen der Warntöne sagt uns, daß er sich für das Leben entschieden hat. Wir geben ihm ein paar Minuten zur Erholung, dann nehmen wir uns etwas Equipment und gehen zurück, dabei stolpern wir beinahe über eine riesige Kiste mit Terminatoren für das Netzwerk.

"Ups", murmelt der PJ. "Wir sollten die Kiste lieber umstellen ... später." Da entdecken wir auch schon den Abteilungsleiter, der an einer Sauerstoffmaske hängt und den vergangenen Horror noch einmal durchlebt.

"Es fing einfach Feuer", plärrt er, "und dann gingen diese Akten in Flammen auf, dann die Ordner, dann die Türverkleidung, die brannte wie Zunder, dann ..."

Ihm kommt ein Gedanke, sucht nach Informationen, findet nichts und verschwindet wieder. Er starrt uns an.

"Sie Schweinehund!" sagt er schockiert.

Der PJ und ich tauschen bestürzte Blicke aus.

"Wir waren im Lager!" beteure ich mit der Unschuld eines Engels. Er unterbricht sich kurz und nimmt die Maske vom Gesicht, um meine Aussage zu prüfen.

Das ist nicht die einzige Unterbrechung an diesem Tag, denn das Brechen eines Armes und des Schlüsselbeins folgen kurz darauf, als er auf runden Terminatoren durch den Gang in die unvorsichtig gefüllten Aktenschränke schleudert, die prompt über ihm einstürzen.

Scheußlich. Wir teilen das dem Ermittler von der Polizei mit, als er erscheint. (Die neue Politik des Abteilungsleiters sieht vor, daß alle Unfälle der Polizei gemeldet werden müssen.) Und dieser Fall sollte als Testfall betrachtet werden. Der Polizist notiert traurig die Details und holt dann noch eine Stellungnahme des Geschäftsführers ein. Zwei Stunden später wirft er seine Aufzeichnungen weg, denn es handelt sich nun um einen ´Arbeitsunfall´, und nimmt eine lautsprecherlose Stereoanlage mit, für die wir keine Verwendung mehr haben. Beim Hinausgehen bleibt er kurz stehen.

"Sie sind doch der Netzwerkmensch?" fragt er mich.

"Ja", bestätige ich nickend.

"Kennen sie sich mit Videorecordern aus? Meine Frau will ..."

Aufhängen ist noch zu gut für sie ...
 
 
 
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12.2.06